Grundlage der gemeinsamen Willensbildung und Entscheidungsfindung in der Wohnungseigentümergemeinschaft bildet die Fassung von Beschlüssen: Entscheidungen, die das Gemeinschaftseigentum betreffen, müssen also grundsätzlich stets im Kollektiv erfolgen. Ob ein Beschluss wirksam gefasst werden kann, hängt daher vom Abstimmungsergebnis ab.
Nun stellt sich aber insbesondere bei komplizierten Eigentümer-Konstellationen die Frage, wie viele Stimmen den jeweiligen Eigentümern überhaupt zustehen. Aus diesem Grund wird dieses Thema in diesem Beitrag umfassend beleuchtet.
1. Grundsätzliches zum Stimmrecht in einer Eigentümergemeinschaft
Sofern in der Teilungserklärung oder der Gemeinschaftsordnung keine abweichende Regelung hinsichtlich des Stimmrechts in der WEG getroffen wurde, so ist Ausgangspunkt für die Einzelheiten des Stimmrechts der § 25 Abs. 2 WEG. Dieser legt fest, dass grundsätzlich das sogenannte Kopfprinzip gilt: Demnach verfügt jeder im Grundbuch eingetragene Wohnungseigentümer über eine Stimme, unabhängig davon, wie viele Wohnungseinheiten ihm gehören oder wie groß diese sind.
Dies hat zur Folge, dass jeder Wohnungseigentümer, ganz egal, ob ihm nur eine kleine Einzimmerwohnung oder die Mehrzahl der Wohnungen in der entsprechenden Liegenschaft gehören, derselbe Einfluss auf das Abstimmungsergebnis zukommt.
Der Grund: Durch diesen Mechanismus soll die Beherrschung der Wohnungseigentümergemeinschaft durch wenige Eigentümer ausgeschlossen werden (Minderheitenschutz). Würde man stattdessen auf die Anzahl oder Größe der jeweiligen Wohnung abstellen, so könnten die entsprechenden Eigentümer allein das weitere Vorgehen bestimmen. Denkbar ist beispielsweise, dass diejenigen Eigentümer allein Beschlüsse fassen oder ablehnen.
2. Stimmprinzipien im Überblick: Kopfprinzip, Wertprinzip und Objektprinzip
Kopfprinzip in der WEG
Gemäß § 25 Abs. 2 WEG gilt grundsätzlich das bereits vorgestellte Kopfprinzip in einer WEG. Somit besitzt jeder Wohnungseigentümer nur eine Stimme, unabhängig von der Anzahl und Fläche der ihm gehörenden Wohneinheiten. Dies bedeutet jedoch nicht, dass nicht auch andere Vereinbarungen über die Stimmrechtsverteilung möglich sind.
So können WEGs die Stimmrechte auch nach dem Wertprinzip und dem Objektprinzip aufteilen. Hierfür ist erforderlich, dass dies durch eine entsprechende Vereinbarung in der Teilungserklärung oder der Gemeinschaftsordnung explizit festgelegt wurde. Nur dadurch kann das Kopfprinzip ausgehebelt werden.
Wertprinzip in der WEG
Bei der Aufteilung nach dem Wertprinzip bestimmt sich das Stimmrecht (z. B. bei einer Eigentümerversammlung) nach der Anzahl der Miteigentumsanteile, die auf den jeweiligen Eigentümer fallen. Das Bedürfnis für eine solche Regelung wird klar, wenn man sich die Situation der Mitglieder der WEG ansieht, die über mehrere Wohneinheiten verfügen:
Sie tragen insgesamt höhere Kosten und Lasten als solche Mitglieder, die lediglich über eine Wohneinheit in der jeweiligen Liegenschaft verfügen, sodass es unter diesem Gesichtspunkt geboten sein kann, diesen Mehraufwand durch ein „größeres“ Stimmrecht auszugleichen.
Die Berechnung der Miteigentumsanteile erfolgt insbesondere durch die Ermittlung der Quadratmeterfläche, die dem jeweiligen Miteigentümer zusteht. Diese wird dann prozentual zur gesamten Eigentumsfläche sämtlicher Eigentümer ins Verhältnis gesetzt.
Objektprinzip in der WEG
Bei dem Objektprinzip ist das Stimmrecht hingegen von der Anzahl der Wohnungs- und Teileigentumseinheiten abhängig. Jedem Eigentümer kommen so viele Stimmen zu, wie er Sondereigentumsrechte besitzt. Auch diese Aufteilung hat jedoch ihre Nachteile: Genau wie bei dem Wertprinzip ist nämlich denkbar, dass ein Eigentümer, der über viele Sondereigentumsrechte verfügt, das weitere Vorgehen in der WEG allein bestimmen kann.
3. In welchen Fällen hat ein Eigentümer kein Stimmrecht mehr?
Allerdings sind auch Fälle denkbar, in denen ein Eigentümer sein Stimmrecht vollständig verliert. Da das Stimmrecht jedoch das wesentliche Mittel zur Mitgestaltung der Gemeinschaftsangelegenheiten in der WEG bildet, darf es nur in Ausnahmefällen und unter eng begrenzten Voraussetzungen eingeschränkt bzw. ausgeschlossen werden. Diese Ausnahmen sind in § 25 Abs. 4 WEG geregelt.
Rechtsgeschäfte mit Eigentümern
Aus § 25 Abs. 4 1. Fall WEG-Gesetz folgt, dass ein Wohnungseigentümer nicht stimmberechtigt ist, „wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines auf die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums bezüglichen Rechtsgeschäfts mit ihm […] betrifft“.
Dieser zugegebenermaßen schwer verständliche Satz lässt sich folgendermaßen erklären: Im Rahmen einer Beschlussfassung sind Interessenkonflikte einzelner Eigentümer möglich. So ist beispielsweise denkbar, dass in der WEG die Beschlussfassung über einen neuen Fassadenanstrich auf der Tagesordnung steht, wobei bereits vier verschiedene Angebote von entsprechenden Unternehmen eingeholt wurden.
Ist nun ein Eigentümer der WEG zugleich an einem dieser Unternehmen beteiligt, besteht ein Interessenkonflikt, da dieser einerseits das für die WEG beste Angebot annehmen, andererseits natürlich „seinem“ Unternehmen einen neuen Auftrag verschaffen möchte. In dieser Situation, die in der Rechtssprache auch als In-Sich-Geschäft bezeichnet wird, ist der betreffende Wohnungseigentümer von der Abstimmung ausgeschlossen.
Nicht unter diese Regelungen fallen beispielsweise Wahlen oder Abberufungen eines Verwalters oder Verwaltungsbeiratsmitglieds, da dies kein Rechtsgeschäft, sondern vielmehr um eine bloß tatsächliche Handlung darstellt.
Rechtsstreit mit den anderen Wohnungseigentümern
Nach § 25 Abs. 4 2. Fall WEG ist ein Wohnungseigentümer auch dann nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlussfassung „die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits gegen ihn betrifft“.
Grund hierfür ist erneut der in dieser Situation bestehende Interessenkonflikt des betroffenen Eigentümers. Er befindet sich in einer Doppelrolle (einerseits ist er Partei in einem Rechtsstreit, andererseits ist er Mitglied der WEG), was die Gefahr birgt, dass er sich bei der Abstimmung von seinen privaten Interessen lenken lässt. So ist insbesondere denkbar – und verständlich – dass er gegen eine Klageerhebung „gegen sich selbst“ abstimmen wird, selbst wenn der WEG einklagbare Ansprüche gegen den Wohnungseigentümer zustehen.
Erfasst von dem Ausschluss des Stimmrechts sind sämtliche verfahrensbezogene Maßnahmen. Hierzu zählen neben der Entscheidung über eine Klageerhebung also auch Entscheidungen hinsichtlich einer Klagerücknahme, eines Verzichts, eines Anerkenntnisses der Einlegung von Rechtsmitteln oder allgemeine prozesstaktische Entscheidungen.
Der Stimmrechtsausschluss des § 24 Abs. 4 S.2 WEG gilt jedoch auch im umgekehrten Fall: Möchte also ein Wohnungseigentümer gegen die WEG Klage erheben, so ist er auch in diesem Fall nicht stimmberechtigt. Denn auch in dieser Situation besteht die Gefahr, dass ein Wohnungseigentümer negativen Einfluss auf die Willensbildung des Prozessgegners nimmt.
Verurteilung zur Veräußerung des Wohnungseigentums
Des Weiteren ist ein Stimmrechtsausschluss gegeben, wenn der Wohnungseigentümer gemäß § 17 WEG zur Entziehung des Wohnungseigentums rechtskräftig verurteilt ist (§ 24 Abs. 4 4. Fall WEG).
Stimmrechtsmissbrauch
Abseits der in § 24 Abs. 4 WEG genannten Ausschlussgründe kann das Stimmrecht auch dann ausgeschlossen sein, soweit es rechtsmissbräuchlich wäre. Dieser Ausschlussgrund ist jedoch nur in eng umrissenen Ausnahmefällen gegeben.
Für einen solchen Rechtsmissbrauch reicht es insbesondere noch nicht aus, dass der Wohnungseigentümer aufgrund seines Stimmgewichts Beschlussfassungen blockiert, obwohl es ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen würde, einen solchen Beschluss zu fassen. Sofern für die Stimmabgabe nachvollziehbare und verständliche Gründe vorliegen, ist nicht von einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten auszugehen.
4. Wie viele Stimmen haben Eheleute, die sich gemeinsam eine Wohnung in der WEG gekauft haben?
Die Frage lässt sich ganz einfach mit dem § 25 Abs.2 S.2 WEG beantworten. Demnach stehen Eigentümern, denen eine Wohneinheit gemeinschaftlich gehört, nur eine Stimme (und nicht zwei oder mehr Stimmen) in einer Eigentümerversammlung oder bei einem Umlaufbeschluss zu.
Somit müssen sich bspw. Ehepaare im Voraus einig werden, um bei einer Abstimmung von ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen. Andernfalls wird die fehlende Stimmabgabe als Enthaltung gewertet.
Auch Ehepartner, die mehr als 2 Einheiten in der WEG besitzen, können ihr Stimmrecht nur gemeinschaftlich ausüben. Selbiges trifft auch auf Personen- und Kapitalgesellschaften mit mehreren Gesellschaftern zu. Demnach besitzen GbRs, KGs, UGs, GmbHs und AGs auch nur eine Stimme in der Eigentümergemeinschaft, wenn es keine abweichende Regelung des Stimmrechts gibt.
5. FAZIT: Stimmrecht in der WEG
Das Stimmrecht bildet den wesentlichen Grundstein der gemeinsamen Willensbildung in einer WEG, weshalb Wohnungseigentümer auf besondere Vereinbarungen hinsichtlich der Stimmrechtsverteilung achten sollen. Fehlt eine solche Vereinbarung, gilt das Kopfprinzip. Ein Ausschluss des Stimmrechts ist nur in speziellen Ausnahmefällen möglich, vornehmlich wenn eine Abstimmung des betreffenden Eigentümers einem Interessenkonflikt unterliegt.
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