Der Wechsel des Eigentümers wirft sowohl für den Verkäufer als auch Käufer regelmäßig Fragen zur richtigen Behandlung der Erhaltungsrücklage auf. Welchen Einfluss hat die Erhaltungsrücklage auf die Grunderwerbsteuer und hat der Verkäufer einen Anspruch auf Auszahlung seiner eingezahlten Rücklagen? Die Antworten lesen Sie in diesem Beitrag.
1. Was passiert mit der Erhaltungsrücklage bei einem Eigentümerwechsel?
Die Erhaltungsrücklage (auch bekannt als Instandhaltungsrücklage) zeichnet den Betrag, welcher von der WEG für unvorhergesehene Reparaturen und notwendige Instandhaltungsmaßnahmen genutzt wird.
Rechtlich ist die Erhaltungsrücklage in § 19 Abs. 2 Nr. 4 WEG (Wohnungseigentumsgesetz) geregelt und gehört zur ordnungsgemäßen Verwaltung einer Eigentümergemeinschaft.
Es ist wichtig zu verstehen, dass es sich bei der Rücklage um das Eigentum der WEG handelt.
Wird eine Eigentumswohnung veräußert, so geht auch der Miteigentumsanteil an der gebildeten Erhaltungsrücklage auf den Käufer, also den neuen Eigentümer, über.
Hierbei handelt es sich um eine Kapitalübertragung, was insbesondere mit Blick auf die steuerliche Würdigung auf Verkäuferseite zu berücksichtigen ist:
Die Höhe der Erhaltungsrücklage wird bei der steuerlichen Abschreibung vom Kaufpreis abgezogen. Für den Verkäufer bedeutet dies wiederum, dass in der Höhe der auf den Käufer übertragenen Rücklage kein Veräußerungserlös vorliegt und der (Ver-) Kaufpreis entsprechend um die Höhe der Rücklage zu kürzen ist.
Anders sieht es wiederum für den Käufer der Wohnung hinsichtlich der Grunderwerbsteuer aus (siehe Abschnitt 3).
2. Kann der Verkäufer die Erhaltungsrücklage von der WEG zurückfordern?
Nein, der Verkäufer kann die Erhaltungsrücklage von der WEG nicht zurückfordern, da sie zweckgebunden ist und zum Verwaltungsvermögen der Eigentümergemeinschaft gehört. Der Zweck liegt hier in der Erhaltung des Gemeinschaftseigentums.
Die - theoretischen - Anteile des Verkäufers an der Erhaltungsrücklage gehen beim Erwerb durch den neuen Käufer entsprechend des Miteigentumsanteils auf diesen über, der Verkäufer hat demnach keinen Anspruch auf Auszahlung der anteiligen Erhaltungsrücklage.
3. Wie wirkt sich die Erhaltungsrücklage auf die Grunderwerbsteuer aus?
Hinsichtlich ihrer steuerlichen Aspekte ist die Erhaltungsrücklage ziemlich interessant.
Blicken wir auf die Situation des Käufers einer Eigentumswohnung, so ergeben sich folgende steuerlichen Konsequenzen für diesen:
- Wer eine Immobilie bzw. ein Grundstück in Deutschland erwirbt, muss eine Grunderwerbsteuer entrichten. Ihre prozentuale Höhe bestimmt sich nach dem Bundesland, auf dessen Boden die Immobilie steht.
- Der Kaufpreis der Immobilie bildet wiederum die Bemessungsgrundlage.
- Je geringer der Kaufpreis ist, desto geringer fällt auch die Grunderwerbsteuer an.
- Könnte man nun den Kaufpreis um die Höhe der anteiligen Erhaltungsrücklage mindern, um so als Erwerber Steuern zu sparen
Kurz: Nein. Die Erhaltungsrücklage mindert die Höhe der Bemessungsgrundlage nicht - die Rücklage ist also kein Teil des Kaufpreises.
Ein Beispiel aus der Rechtsprechung: Ein Käufer mehrerer Immobilien hat sich um die Reduzierung der Grunderwerbsteuer bemüht - erfolglos. Das zuständige Finanzamt hatte den zugrunde liegenden Kaufpreis von 40.000 Euro (für Teileigentum in Verbindung mit Sondereigentum an vier Gewerbeeinheiten und einigen Tiefgaragenplätzen) als Berechnungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer genommen. Der Anteil der Erhaltungsrücklage in Höhe von 15.000 Euro wurde hierbei nicht berücksichtigt, obwohl dieser ebenfalls auf den Käufer übergegangen war (s.o.).
Nach Auffassung des Käufers hätte der Betrag der Erhaltungsrücklage die Bemessungsgrundlage jedoch senken müssen; der Kaufpreis wäre deutlich niedriger gewesen.
Wäre die Bemessungsgrundlage also um die Erhaltungsrücklage gemindert worden, so wäre der Käufer wohl unter der Wertgrenze von 2.500 Euro (einzeln für jedes Objekt betrachtet) geblieben und der Erwerb wäre steuerfrei gewesen.
Das Finanzgericht Köln gab den vorherigen Berechnungen des zuständigen Finanzamts jedoch Recht:
Bei der Erhaltungsrücklage wurde durch den (Ver-) Kauf kein Rechtsträgerwechsel durchgeführt; die gebildete Rücklage gehört regelmäßig zum Verwaltungsvermögen der Eigentümergemeinschaft und fällt somit nicht in das Eigentum der einzelnen Eigentümer.
Der Kläger wandte sich hiergegen mit einer Revision an den Bundesfinanzhof (BFH, Urteil v. 16.09.2020, Az. II R 49/17). Doch auch hier hatte er keinen Erfolg, der BFH folgte der Auffassung des Kölner Finanzgerichts und betonte, dass ein Eigentümerwechsel keinen Einfluss auf die Zuordnung des Vermögens habe und Rechtsträger weiterhin und zu jedem Zeitpunkt die WEG bleibe. Der im Kaufvertrag vereinbarte Übergang der Erhaltungsrücklage ändere hieran ebenfalls nichts.
Halten wir fest: Der Übergang der anteilig angesparten Erhaltungsrücklage beim Eigentümerwechsel hat für den Erwerber hinsichtlich der Bemessung der Grunderwerbsteuer keinen Einfluss. Die Rücklage gehört zum Vermögen der WEG und nicht (anteilig) der einzelnen Eigentümer.
4. FAZIT: Erhaltungsrücklage bei einem Eigentümerwechsel
Wie der Name schon vorwegnimmt, sorgt die Erhaltungsrücklage dafür, dass die WEG zur Erhaltung ihres Gemeinschaftseigentums über genug liquide Mittel verfügt, um unvorhergesehenen Reparaturen oder Instandhaltungsmaßnahmen angemessen zu begegnen.
Daher ist jeder Eigentümer verpflichtet, entsprechend seines Miteigentumsanteils in die Rücklage einzuzahlen.
Bei der Rücklage handelt es sich unumstößlich um das Vermögen der WEG und eben nicht um ein “Zwischendepot” einzelner Eigentümer zur Vermögenshäufung.
Wird eine Wohneinheit veräußert und findet ein Eigentümerwechsel statt, hat der Verkäufer auch keinen Anspruch auf Auszahlung der anteilig angesparten Rücklage.
Wir hoffen, Ihnen mit diesem Beitrag mehr Klarheit rund ums Thema “Erhaltungsrücklage” verschaffen zu können.
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