Aktuelle Situation: Zahlen, Ergebnisse und Gefühlslage zur energetischen Sanierung in Deutschland
Die energetische Sanierung ist ein zentraler Bestandteil der deutschen Klimaschutzstrategie – doch trotz ambitionierter Ziele gibt es erhebliche Herausforderungen. Laut dem Fraunhofer-Institut für Bauphysik sind mehr als die Hälfte aller Wohngebäude in Deutschland sanierungsbedürftig.
Konkret geht es um rund 24 Millionen Wohnungen, die modernisiert werden müssten, um die Energieeffizienzstandards zu erfüllen. Um den Gebäudebestand bis 2045 klimaneutral zu machen, wäre eine Sanierungsquote von 2 % pro Jahr erforderlich. Doch die Realität sieht anders aus: Im Jahr 2022 lag die Quote bei 0,88 %, 2023 sank sie auf 0,70 %, und aktuell (Stand 10/24) liegt sie sogar nur noch bei 0,69 % – deutlich unter dem notwendigen Wert.
Förderungen sind da – aber nicht attraktiv genug
Die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) ist das wichtigste staatliche Instrument zur Unterstützung energetischer Sanierungen. Bis September 2024 wurden über 10 Milliarden Euro an Fördermitteln ausgezahlt, mit mehr als 829.500 geförderten Standorten. Besonders gefördert wurden:
- 303.242 installierte Wärmepumpen
- 145.327 Biomasseanlagen
- 905.456 Quadratmeter installierte Solarthermieanlagen
Doch trotz dieser hohen Fördergelder werden die Programme von vielen Eigentümern als zu unattraktiv wahrgenommen. Laut einer aktuellen Studie von IKND und RTG halten 55 % der befragten Eigentümer die aktuellen Förderangebote für (eher) unattraktiv. Zudem haben nur 35 % der Sanierer tatsächlich eine staatliche Förderung in Anspruch genommen.
Besonders auffällig: 70 % der Befragten, die bisher nicht saniert haben, würden es tun, wenn die staatliche Förderung besser wäre. Auch die Komplexität der Antragstellung schreckt viele ab – 73 % der Nicht-Sanierer wünschen sich eine einfachere und besser betreute Abwicklung.
Verunsicherung bremst Eigentümer aus
Neben der finanziellen Hürde ist es vor allem die politische Unsicherheit, die viele Eigentümer von einer Sanierung abhält. Sechs von zehn Hausbesitzern geben laut der Befragung der IKND und RTG an, dass die politische Debatte über das Gebäudeenergiegesetz (GEG) und die Zukunft der Förderungen sie verunsichert hat. Alexander Müller, Mitgründer des Energieberatungsunternehmens Enter betont: "Es ist ein Problem, dass Programme ständig in Frage gestellt werden." Durch die fehlende Planungssicherheit blieben viele Hausbesitzer in einer Abwartehaltung.”
Des Weiteren haben mehr als 50 % der Befragten Angst, dass sie in wenigen Jahren erneut sanieren müssen, weil sich die gesetzlichen Vorgaben wieder ändern könnten
Hinzu kommt die Unsicherheit über gesetzliche Vorgaben: 34 % der Eigentümer wissen nicht, welche Maßnahmen gefördert werden, und 30 % bemängeln fehlende Planungssicherheit aufgrund politischer Entscheidungen.
All diese Faktoren tragen dazu bei, dass mehr als die Hälfte der Befragten die staatlichen Förderangebote als unattraktiv bewerten – und nur 35 % derjenigen, die saniert haben oder eine Sanierung planen, tatsächlich eine Förderung in Anspruch nehmen.
Diese Unsicherheit wirkt sich unmittelbar auf die Sanierungsbereitschaft aus:
- Nur 12 % der Nicht-Sanierer planen eine Sanierung in den nächsten 12 Monaten (2022 waren es noch 18 %).
- Viele Eigentümer überschätzen den energetischen Zustand ihres Hauses, was dazu führt, dass sie den Sanierungsbedarf unterschätzen. Tatsächlich gehören aber 68 % der Gebäude in die schlechten Effizienzklassen.
Kosten als größtes Hindernis
Neben der unsicheren Förderung sind die hohen Sanierungskosten laut der IKND und RTG Studie ein entscheidender Faktor:
- 56 % der Befragten geben an, dass sie sich die Sanierung schlicht nicht leisten können.
- 52 % wären ohne staatliche Unterstützung nicht in der Lage, die notwendigen Maßnahmen zu finanzieren.
Drohender Wertverfall: Rund 25 % der Eigentümer machen sich Sorgen, dass ihre Immobilie durch fehlende Sanierung massiv an Wert verlieren könnte.
Es braucht bessere Rahmenbedingungen
Aus diesen Zahlen ist abzulesen, dass komplizierte Verfahren und fehlende Anreize den allgemeinen Fortschritt bei Sanierungen ausbremsen. Hohe finanzielle und bürokratische Hürden schrecken viele Eigentümer ab, obwohl rund 70 % unter besseren Bedingungen sanieren würden. Die Folgen: steigende Energiekosten, verfehlte Klimaziele und eine schwächelnde Bau- und Sanierungsbranche. Daraus ist abzuleiten, dass es klare Rahmenbedingungen, einfachere Antragsverfahren und langfristige finanzielle Anreize braucht, damit sich mehr Eigentümer für eine Sanierung entscheiden.
Ein zentrales Problem bleibt hierbei vor allem die Unsicherheit der Eigentümer. Viele wissen nicht, welche gesetzlichen Vorgaben sie künftig erfüllen müssen oder ob sich eine Sanierung langfristig finanziell lohnt. Mehr Transparenz, verlässliche Förderprogramme und eine langfristige Strategie könnten hier für dringend benötigte Sicherheit sorgen.
Andere Experten sind zudem der Meinung, dass andere Schwerpunkte effizientere Wirkung haben könnten. Michael Voigtländer fordert beispielsweise, den Fokus von Energieeffizienzklassen auf CO₂-Effizienz zu verlagern: (...) “Und deswegen wäre es eigentlich sinnvoll, jetzt auf die Emissionseffizienz zu gehen statt auf die Energieeffizienz – das heißt die Frage, wie viel CO2 stoße ich denn eigentlich aus.”
Fördermöglichkeiten im Überblick:
Aktuell stehen Immobilieneigentümern in Deutschland verschiedene Förderprogramme für energetische Sanierungsmaßnahmen zur Verfügung. Die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) bietet dabei sowohl Zuschüsse als auch zinsgünstige Kredite für eine Vielzahl von Maßnahmen.
Heizungstausch
Die Basisförderung für den Austausch alter Heizungen beträgt 30 % der Investitionskosten. Zusätzliche Boni können die Förderung auf bis zu 70 % erhöhen:
- Klimageschwindigkeitsbonus: 20 % extra bei Erneuerung bis Ende 2028.
- Einkommensbonus: 30 % extra für Haushalte mit einem zu versteuernden Einkommen bis 40.000 €.
- Effizienzbonus: 5 % extra für besonders effiziente Wärmepumpen.
Maßnahmen zur Optimierung bestehender Heizungsanlagen, wie der hydraulische Abgleich oder der Austausch von Heizungspumpen, werden mit 15 % der Kosten gefördert.
Einzelmaßnahmen an der Gebäudehülle
Maßnahmen wie die Dämmung von Außenwänden oder der Austausch von Fenstern werden mit 15 % der Kosten gefördert. Liegt ein individueller Sanierungsfahrplan (iSFP) vor, erhöht sich der Zuschuss um weitere 5 %.
Anlagentechnik (außer Heizung):
Der Einbau energieeffizienter Lüftungsanlagen oder anderer Anlagentechnik wird ebenfalls mit 15 % der Kosten unterstützt.
Steuerliche Nachlässe
Alternativ zu Förderprogrammen können Eigentümer pro Haus 200.000 € für Sanierungsarbeiten oder Erneuerungen steuerlich geltend machen und bis zu 40.000 € im Rahmen ihrer Einkommensteuer über drei Jahre verteilt vom Finanzamt erstattet bekommen. Zu beachten ist, dass die Steuerermäßigung nur für selbstbewohnte, mindestens zehn Jahre alte Immobilien im EWR gilt und wenn ein Fachunternehmen die Sanierung ausführt sowie eine Bescheinigung vorliegt.
Bei der Beauftragung eines vom Bafa oder der KfW anerkannten Energieexperten für die Planung oder Überwachung der Sanierung können 50 % der Kosten erlassen und diese – im Gegensatz zu den Sanierungskosten – bereits im ersten Jahr vollständig abgezogen werden.
So kann es nach der Wahl weitergehen
Das sagen die Parteien im Wahlkampf 2025:
Die Zukunft der energetischen Sanierung hängt stark von der politischen Ausrichtung der nächsten Regierung ab. Die Parteien verfolgen unterschiedliche Ansätze in der Energie- und Klimapolitik, insbesondere im Bereich der energetischen Sanierung und des Heizungsgesetzes.
- SPD und Grüne setzen auf strenge Klimavorgaben und verpflichtenden Ausbau erneuerbarer Energien. Sie unterstützen Hausbesitzer finanziell beim Umstieg auf klimafreundliche Heizsysteme und fordern eine sozial gestaffelte Sanierungsförderung sowie eine stärkere Klimakomponente im Wohngeld.
- CDU/CSU lehnen Verbote fossiler Heizungen ab und bevorzugen technologieneutrale Lösungen, bei denen Eigentümer selbst entscheiden können. Sie planen eine Senkung der Stromsteuer, Netzentgelte und fördern emissionsarme Technologien sowie Wasserstoff.
- FDP fordert marktorientierte Steuerung und lehnt staatliche Eingriffe oder Verbote ab. Sie wollen Kappungsgrenzen für Sanierungskosten lockern und Steueranreize stärken, dabei aber keine spezifische Bevorzugung erneuerbarer Energien.
- AfD will das Heizungsgesetz sowie staatliche Klimaschutzmaßnahmen abschaffen. Sie lehnen jeglichen staatlichen Einfluss ab, möchten fossile Energien wie Kohle und Gas fördern und die EEG-Umlage sowie das Gebäudeenergiegesetz abschaffen. Außerdem soll die Energieerzeugung für den Eigenverbrauch steuerfrei gestellt werden.
Welche Regelungen könnten sich ändern?
Mit Blick auf 2025 gibt es mehrere Unsicherheiten und Veränderungen in der Förderlandschaft für energetische Sanierungen. Derzeit laufen verschiedene Programme wie die BEG-Förderung für Einzelmaßnahmen und steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten, die bis 2029 gelten. Allerdings könnten aufgrund der Haushaltsführung und einer möglichen Haushaltssperre Mittelkürzungen oder Verzögerungen auftreten.
Förderungen für Heizungsumstellungen werden voraussichtlich weiterhin verfügbar sein, jedoch könnte es Anpassungen bei den Fördersätzen oder den Anforderungen geben. Es gibt zudem Diskussionen über mögliche Budgetbegrenzungen, die zu einer schnelleren Ausschöpfung der Mittel führen könnten.
Basierend auf den aktuellen Informationen sind mehrere Änderungen zu erwarten:
- Anpassung der Fördersätze: Es ist möglich, dass die Fördersätze für Technologien wie Wärmepumpen reduziert werden.
- Strengere Anforderungen: Für förderfähige Heizungsanlagen könnten höhere Effizienzstandards eingeführt werden, um die Klimaziele besser zu erreichen.
- Budgetbegrenzungen: Aufgrund eines möglicherweise geringeren Gesamtbudgets könnten Fördermittel schneller ausgeschöpft werden.
- Änderungen bei der Antragstellung: Es könnten neue Fristen und Nachweispflichten eingeführt werden, was den Antragstellungsprozess verlängern könnte.
Trotz dieser möglichen Änderungen bleibt eine Reihe von förderfähigen Maßnahmen und Technologien voraussichtlich auch 2025 erhalten, darunter Wärmepumpen, Solarthermie, Biomasseanlagen, der Gebäudeanschluss an Nah- oder Fernwärme sowie innovative, klimafreundliche Heizlösungen.
Ausblick auf die nächsten Jahre
Kurzfristig (bis Ende 2025)
Die derzeitigen Förderprogramme, wie die BEG-Förderung, sind voraussichtlich noch bis Ende 2025 verfügbar, doch könnten aufgrund einer Haushaltssperre Einschränkungen bei der Mittelvergabe auftreten. Es wird empfohlen, Anträge frühzeitig zu stellen, um von den bestehenden Konditionen zu profitieren. Auch die steuerliche Abschreibung für energetische Sanierungen bleibt bis 2029 bestehen, mit einem Abzug von bis zu 20 % der Kosten über drei Jahre.
Mittelfristig (bis 2030)
Bis 2030 könnten gesetzliche Vorgaben zur Sanierung weiter verschärft werden, etwa durch höhere Anforderungen an Heizsysteme und den Ausbau erneuerbarer Energien in Gebäuden. Es wird erwartet, dass der Druck auf Hausbesitzer steigen wird, ihre Gebäude energetisch zu sanieren, um die Klimaziele zu erreichen.
Langfristig (bis 2045)
Der Immobilienmarkt wird sich voraussichtlich stark verändern. Sanierte und energieeffiziente Häuser werden zunehmend an Bedeutung gewinnen, während für unsanierte Gebäude Konsequenzen drohen. Diese Immobilien werden in den kommenden Jahren voraussichtlich erheblich an Wert verlieren. Ohne rechtzeitige Maßnahmen drohen möglicherweise steigende Energiekosten, eine sinkende Nachfrage und langfristig eine geringere Attraktivität für Käufer und Mieter.
Fazit: Was sollten Eigentümer jetzt tun - Expertentipps
Wer eine energetische Sanierung plant, sollten sich jetzt noch einmal bewusst informieren und die aktuellen Fördermöglichkeiten prüfen.
Fördermittel sichern
Derzeit gibt es Zuschüsse und zinsgünstige Kredite von KfW und BAFA. Energieberater Müller rät, sich die aktuellen Fördersätze frühzeitig zu sichern: „Es gehen sehr wenige Beobachter davon aus, dass die Konditionen unter einer neuen Regierung besser werden.“ Auch zu Beginn von 2025 könne sich ein Antrag noch lohnen, falls die Programme weiterlaufen.
Effektive Maßnahmen planen
Zu den effektivsten Sanierungsmaßnahmen zählen vor allem die Dämmung der Gebäudehülle und der Austausch veralteter Heizsysteme. Besonders eine moderne Wärmepumpe oder der Einbau von Fensterdichtungen können den Energieverbrauch signifikant senken. Auch die Optimierung der Heizungsanlage, wie der hydraulische Abgleich oder die Installation effizienter Heizkörper, zeigt oft schnelle und messbare Ergebnisse.
Expertenrat einholen
Energieberater helfen, sinnvolle Maßnahmen zu identifizieren und Förderanträge optimal zu stellen. Sie bieten eine fundierte Beratung, die es Eigentümern ermöglicht, gezielt in energieeffiziente Maßnahmen zu investieren und gleichzeitig den administrativen Aufwand zu minimieren. Zudem unterstützen sie bei Unklarheiten bezüglich der Fördermöglichkeiten und sorgen dafür, dass alle verfügbaren staatlichen Förderungen optimal genutzt werden.
Steuerliche Vorteile sichern
Viele Sanierungskosten lassen sich steuerlich absetzen. „Was auf jeden Fall weiterläuft, ist die steuerliche Abschreibung. Das ist im Einkommensteuergesetz verankert“, erklärt Sandra Duy, Expertin für energetische Sanierung beim Geldratgeber Finanztip. Dadurch können Eigentümer einen Teil der Investitionskosten zurückholen und die finanzielle Belastung langfristig reduzieren.
Langfristig strategisch vorgehen
Unklar ist, wie sich die Förderung nach der Wahl entwickelt. Duy betont: „Von gewissen Vorgaben kann auch die CDU nicht abrücken, weil sie von der EU vorgegeben sind. Wir müssen raus aus den fossilen Brennstoffen, die Heizungen werden also früher oder später umgestellt.“ Wer frühzeitig saniert, kann nicht nur von aktuellen Förderungen profitieren, sondern sichert auch den langfristigen Wert seiner Immobilie und hilft dabei, einen wichtigen Schritt im Klimaschutz zu machen.
Jetzt handeln oder abwarten?
Soll man jetzt sanieren oder auf bessere Konditionen hoffen? Wer eine Sanierung ohnehin plant, sollte nicht auf ungewisse politische Entscheidungen warten. Die aktuellen Förderungen sind attraktiv, und mit steigenden Anforderungen könnten Sanierungen in Zukunft eher teurer als günstiger werden.