1. Kurz erklärt: Warum WEG-Darlehen aktuell ein wichtiges Thema sind
Die Kosten für Sanierungen, energetische Modernisierungen oder barrierefreie Umbaumaßnahmen nehmen stetig zu, nicht zuletzt weil gesetzliche Vorgaben immer neue Anforderungen an Wohnanlagen stellen. Gleichzeitig sind viele Erhaltungsrücklagen unzureichend, um größere Maßnahmen zu finanzieren. Auch die Umsetzung einer Sonderumlage kann sich als schwierig erweisen, wenn einzelne Wohnungseigentümer kurzfristig keine ausreichenden Mittel zur Verfügung haben. Genau hier setzt das WEG-Darlehen an: Es bietet der Wohnungseigentümergemeinschaft eine gemeinsame, planbare und oft zinsgünstige Finanzierungsmöglichkeit.
Ob überhaupt die Gemeinschaft oder ein einzelner Eigentümer die Kosten tragen muss, hängt von der Art der geplanten Maßnahme ab. Laut § 20 Abs.1 WEG können bauliche Veränderungen entweder allen Wohnungseigentümern zugutekommen oder einem Einzelnen gestattet werden. Hiernach richtet sich die Kostentragung bei baulichen Veränderungen. Wird die Finanzierung durch die WEG beschlossen, kann ein gemeinschaftliches Darlehen infrage kommen.
2. Was ist ein WEG-Darlehen?
Ein WEG-Darlehen ist ein Kredit, den nicht einzelne Eigentümer aufnehmen, sondern die gesamte Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (WEG), um Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum zu finanzieren. Die Darlehenssumme wird in der Regel anteilig entsprechend dem Verhältnis der Miteigentumsanteile auf die Eigentümer verteilt und über den Wirtschaftsplan zurückgezahlt.
Die Darlehensaufnahme durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft ist durch die Rechtsprechung eindeutig geklärt. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 28.09.2012 (Az.: V ZR 251/11) entschieden, dass die Eigentümer zur Deckung ihres Finanzierungsbedarfs ein Darlehen beschließen können – auch dann, wenn Rücklagen oder Sonderumlagen theoretisch möglich wären. Maßgeblich ist, dass die Maßnahme den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht und der Beschluss inhaltlich klar formuliert ist. Zudem hat der Bundesgerichtshof (V ZR 244/14) auch bestätigt, dass auch die Aufnahme von langwierigen und höheren Krediten zur Deckung des Finanzierungsbedarfs in der WEG regelmäßig der ordnungsgemäßen Verwaltung entsprechen kann. Es muss dennoch eine Einzelfallabwägung erfolgen.
Abzugrenzen ist dieses Modell vom sogenannten Eigentümer-Darlehen, bei dem ein Eigentümer ein Darlehen aufnimmt und seine Immobilie als Sicherheit hinterlegt. Auch sonstige individuelle Privatkredite der Eigentümer sind keine WEG-Darlehen. Ein wesentliches Merkmal des echten WEG-Kredits ist, dass nicht die einzelnen Wohnungseigentümer haften, sondern die Gemeinschaft als Verband. Dadurch entfällt meist auch die Prüfung einzelner Bonitäten.
Kommt es bei der Rückzahlung eines WEG-Darlehens zu Engpässen, etwa weil einzelne Eigentümer nicht zahlen, kann die Verwaltung Nachschüsse fordern, um ihren Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Bank nachzukommen. Die bestehende Nachschusspflicht der Wohnungseigentümer ergibt sich aus ihrer gesamtschuldnerischen Bindung an die gemeinschaftlichen Verbindlichkeiten (vgl. § 16 Abs. 2 WEG i. V. m. § 28 Abs. 2 WEG).
Das Darlehen wird oft über die Bank für Wohnungswirtschaft (BfW-Bank) oder eine Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) abgewickelt. In bestimmten Fällen können auch Fördermittel mit einbezogen werden, etwa für energetische Sanierungen.
3. Voraussetzungen für ein WEG-Darlehen
Die erste Voraussetzung für die Darlehensaufnahme ist ein bestandskräftiger Beschluss der Eigentümer. Darin muss klar benannt sein:
- welche Maßnahme finanziert werden soll,
- wie hoch das Darlehen ausfallen soll,
- ob und in welchem Umfang vorhandene Erhaltungsrücklagen verwendet werden,
- wie die Rückzahlung über den Wirtschaftsplan erfolgt,
- und dass die Hausverwaltung bevollmächtigt wird, den Kreditvertrag abzuschließen.
Die Eigentümer verfügen jedoch grundlegend über die Beschlusskompetenz zur Darlehensaufnahme (Vgl. § 19 Abs. 1 WEG) - deshalb bedarf es keines bestimmten Quorums. In der Regel reicht ein Mehrheitsbeschluss. Ein solcher Beschluss entspricht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung, sofern das Vorhaben sachlich begründet ist und die Finanzierung tragbar erscheint.
Ob die Kosten durch die Gemeinschaft oder einzelne Eigentümer zu tragen sind, hängt von der Art der Maßnahme ab. Die Verwaltung sollte sorgfältig dokumentieren, welche Optionen geprüft wurden (z. B. Sonderumlage, Rücklagen, Zuschüsse) und warum die Aufnahme eines Darlehens zur Finanzierung der Maßnahme für notwendig erachtet wird.
Auch aus praktischer Sicht sind Voraussetzungen zu erfüllen: Die Bank verlangt meist Nachweise über Eigenkapital, etwa durch Kontoauszüge oder eine Sonderumlage. Darüber hinaus sind vollständige Unterlagen vorzulegen. Bei einer Kombination mit KfW-Darlehen muss der Antrag zwingend vor Baubeginn gestellt werden und oftmals ist die Einbindung eines Energieberaters verpflichtend.
4. Welche Varianten von WEG-Darlehen gibt es?
Nicht jede Wohnungseigentümergemeinschaft hat dieselben Anforderungen an eine Finanzierung. Entsprechend gibt es verschiedene Varianten von WEG-Darlehen:
- Klassisches WEG-Darlehen über eine Hausbank: Standardmodell mit fixer Laufzeit, monatliche Rückzahlung über den Wirtschaftsplan. Ohne Einzelprüfung der Eigentümer, da die Gemeinschaft gesamtschuldnerisch haftet.
- KfW-Förderdarlehen: Für energetische Sanierungen können Programme der Kreditanstalt für Wiederaufbau genutzt werden. Hierbei fungiert die Hausbank als durchleitendes Institut. Wichtig: Antragstellung muss vor Beginn der Sanierung erfolgen.
- Flexible Modelle mit individueller Wahl: Manche Banken bieten an, dass jeder Eigentümer individuell entscheidet, ob er für seinen Anteil einen Kredit nutzt oder Eigenmittel einsetzt.
Unterschiede bestehen vor allem bei Laufzeit, Zinssatz, Tilgungsbeginn und Einbindung von Fördermitteln. Viele Banken legen dabei eine Obergrenze fest, z. B. max. 250.000 Euro inkl. MwSt., wobei dies abhängig von der Objektgröße, der geplanten Maßnahme und der wirtschaftlichen Situation der WEG ist. In jedem Fall sollte ein Vergleich mehrerer Angebote erfolgen, um den Anforderungen ordnungsgemäßer Verwaltung gerecht zu werden.
5. Alternativen zur Darlehensfinanzierung prüfen
Bevor die Eigentümergemeinschaft ein Darlehen aufnimmt, sollten andere Finanzierungsmöglichkeiten geprüft werden. Dazu zählen insbesondere vorhandene Rücklagen und die Erhebung einer Sonderumlage.
5.1. Zugriff auf Erhaltungsrücklagen
Die Ansammlung einer angemessenen Erhaltungsrücklage ist gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 4 WEG regelmäßig Bestandteil ordnungsgemäßer Verwaltung. Diese Rücklage wird aus dem monatlich zu zahlenden Hausgeld gebildet und ist für notwendige Instandhaltungen oder Reparaturen vorgesehen.
Wenn das Vorhaben planbar ist und ausreichend hohe Mittel vorhanden sind, ist der Einsatz der Rücklage die einfachste und kostengünstigste Lösung. Banken verlangen häufig sogar den vorrangigen Einsatz dieser Mittel, bevor sie eine Darlehenssumme auszahlen.
5.2. Sonderumlage – Vorteile und Nachteile
Eine Sonderumlage ist ein außerplanmäßiger Beitrag, den alle Eigentümer entsprechend ihrer Miteigentumsanteile zusätzlich zum regulären Hausgeld leisten müssen. Sie ist ein gängiges Mittel zur Finanzierung größerer Ausgaben.
Der Vorteil ist, dass die vorhandenen, gemeinsamen Rücklagen geschont werden und die WEG kein Fremdkapital aufnehmen muss. Nachteilig ist, dass das Verfahren zeitaufwendig sein kann und die Finanzierung erst möglich wird, wenn alle Eigentümer gezahlt haben. Somit kann es zu Liquiditätsengpässen kommen, wenn einzelne Eigentümer nicht in der Lage sind, kurzfristig ihren Anteil zu leisten. In solchen Fällen ist ein Darlehen eine schnellere und mitunter sozial ausgewogenere Lösung, da es die unterschiedlichen Vermögenslagen innerhalb der WEG berücksichtigt.
6. Ein WEG-Darlehen beschließen: Schritt-für-Schritt-Anleitung
- Bedarf ermitteln: Verwaltung oder Beirat erkennt Handlungsbedarf für eine konkretes Projekt.
- Projekt planen: Angebote einholen, Kosten schätzen, technische Machbarkeit klären.
- Finanzierung prüfen: Rücklagen, Sonderumlage und Darlehensoptionen vergleichen.
- Bankgespräch führen: Konditionen einholen, mögliche Fördermittel (z. B. KfW) prüfen.
- Beschluss über Darlehensaufnahme formulieren: Höhe, Zweck, Rückzahlung, Verwaltungsvollmacht – alles konkret benennen.
- Eigentümerversammlung durchführen: Tagesordnung, Diskussion, Beschlussfassung über die Darlehensaufnahme. Die Verwaltung muss das Protokoll der Eigentümerversammlung dokumentieren.
- Beschlussbestätigung und Nachbearbeitung: Beschluss wird bestandskräftig, Unterlagen werden der Bank bereitgestellt.
7. Darlehensantrag und wichtige Unterlagen
Nach dem Eigentümerbeschluss erfolgt die Antragstellung. Die Bank verlangt für die Auftragsbearbeitung bestimmte Unterlagen.
7.1. Checkliste: Diese Unterlagen brauchen Sie
- Bestandskräftiger Beschluss zur Darlehensaufnahme
- Protokoll der Eigentümerversammlung
- Nachweise über Rücklagen und ggf. Sonderumlagen
- Aktueller Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung
- Technische Beschreibung der Sanierung (z. B. Angebot, Gutachten)
- Kontoauszüge des WEG-Eigenkontos
- Bei Förderprogrammen: Energieberaterbericht oder Effizienz-Nachweis
7.2. So läuft die Beantragung
Die Verwaltung übermittelt die Unterlagen an die finanzierende Bank. Diese prüft Bonität, Konzept und Unterlagen. Ein persönliches Gespräch ist meist nicht nötig, da die Gemeinschaft als juristische Einheit auftritt. Die Bank erstellt ein Angebot; nach Annahme erfolgt die Auszahlung (oft in Tranchen, nach Baufortschritt).
Gut zu wissen: Auch bei KfW-Programmen wird der Antrag über die Hausbank gestellt, da die KfW selbst nicht direkt mit Endkunden arbeitet, sondern über sogenannte durchleitende Institute agiert.
8. FAQ: Häufig gestellte Fragen zum WEG-Darlehen
Was ist ein WEG-Kredit?
Ein WEG-Kredit ist ein gemeinschaftlich aufgenommenes und zweckgebundenes Darlehen der gesamten Wohnungseigentümergemeinschaft, etwa zur Finanzierung von Sanierungen oder Modernisierungen. Die Rückzahlung erfolgt über den Wirtschaftsplan.
Kann eine Eigentümergemeinschaft ein Darlehen aufnehmen?
Ja, wenn die Eigentümerversammlung einen entsprechenden Beschluss mit einfacher Mehrheit fasst.
Was ist ein Eigentümer-Darlehen?
Ein Eigentümer-Darlehen ist ein Kredit, den ein einzelner Wohnungseigentümer aufnimmt, indem er seine Immobilie als Sicherheit hinterlegt. Es handelt sich um eine persönliche Finanzierung. Sie hat nichts mit einem gemeinschaftlichen WEG-Darlehen zu tun.
Wer haftet bei einem WEG-Kredit?
Die Wohnungseigentümergemeinschaft haftet in der Regel gesamtschuldnerisch. Zahlt ein Eigentümer nicht, kann die Verwaltung Nachschüsse von allen Eigentümern entsprechend ihrer Miteigentumsanteile fordern.
Wie funktioniert ein WEG-Konto?
Der Zugriff auf das gemeinschaftliche Geldvermögen erfolgt über das WEG-Eigenkonto, das von der Hausverwaltung geführt wird. Darüber laufen alle mit dem Gemeinschaftseigentum zusammenhängenden Zahlungen wie Hausgeld, Rücklagen oder Tilgungen.
9. Fazit
Ein WEG-Darlehen kann eine sinnvolle Lösung sein, wenn größere Investitionen anstehen, die Rücklagen nicht ausreichen und eine Sonderumlage einzelne Eigentümer überfordern würde. Damit der Beschluss und die Finanzierung ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, sollten Maßnahmen technisch notwendig, wirtschaftlich sinnvoll und sauber dokumentiert sein.Wer Fördermöglichkeiten wie KfW-Zuschüsse oder Programme der Bank für Wohnungswirtschaft einbezieht, kann zusätzlich sparen, muss diese aber vor Sanierungsbeginn beantragt haben. Die Hausverwaltung begleitet den gesamten Prozess, indem sie unter anderem die notwendige Eigentümerversammlung organisiert, Angebote einholt und den Antrag gegenüber der Bank vorbereitet.Als erfahrene Hausverwaltung stehen wir Ihnen gerne zur Seite – deutschlandweit, ob in Berlin, Hamburg, Bremen, Köln, Frankfurt, Stuttgart oder München. Wir übernehmen auf Wunsch die vollständige Verwaltung Ihrer Immobilie. Doch auch Eigentümergemeinschaften, die selbst verwalten, profitieren von unserem Angebot: mit intuitiver App und persönlichem Ansprechpartner für alle Fragen. Kontaktieren Sie uns und erfahren Sie mehr.