In einer Wohnungseigentümergemeinschaft treffen nicht nur mehrere Eigentümer, sondern auch mindestens genauso viele Vorstellungen aufeinander. Um individuelle Vereinbarungen bezüglich des Zusammenlebens und der Rechte und Pflichten der Eigentümer treffen zu können, bietet sich das Erstellen einer Gemeinschaftsordnung an. Was diese regelt, ob sie mit den gesetzlichen Vorschriften auseinander fallen kann und für wen diese bindend ist, erfahren Sie in diesem Beitrag.
1. Was ist die Gemeinschaftsordnung?
Die Gemeinschaftsordnung ist ein Bestandteil der gesetzlich vorgeschriebenen Teilungserklärung, die wiederum die sachenrechtlichen Aspekte hinsichtlich der Zuordnung der Miteigentumsanteile und der Aufteilung des Objekts zum Inhalt hat.
Die Gemeinschaftsordnung wird mit beurkundet und kann im Grundbuch von den Eigentümern und Kaufinteressenten eingesehen werden.
Zentrale Aufgabe der Gemeinschaftsordnung ist, das gegenseitige Verhältnis der Wohnungseigentümer näher unter den Gesichtspunkten der individuellen Besonderheiten der WEG-Anlage zu regeln.
Sie wird von den Eigentümern selbst bestimmt, wodurch auch vom WEG abweichende Regelungen vereinbart werden können. Jedoch gilt dies nicht für sog. unabdingbare Bestimmungen, da nur so die ordnungsgemäße Verwaltung der Wohnanlage gewährleistet werden kann.
Zu einer solchen gesetzlichen, unabdingbaren Regelung gehört beispielsweise, dass kein Eigentümer die Auflösung der Wohnungseigentümergemeinschaft verlangen kann. Vereinbarungen hierzu sind nur dann zulässig, wenn das Gebäude ganz oder teilweise zerstört wird und keine Pflicht zum Wiederaufbau besteht, dies ergibt sich aus § 11 Abs. 1 WEG. Auch kann gem. § 20 Abs. 2 WEG die Bestellung eines Verwalters nicht in der Gemeinschaftsordnung ausgeschlossen sowie bestimmte Rechten und Pflichten dessen nicht beschränkt werden.
2. Was regelt die Gemeinschaftsordnung?
Die Gemeinschaftsordnung regelt die Art und Weise des Gebrauchs von Gemeinschaftseigentum, also wie das Wohnungs- und Teileigentum genutzt werden darf und beschäftigt sich mit den Rechten und Pflichten der einzelnen Wohnungseigentümer im Innenverhältnis.
Hierbei konkretisiert sie die Inhalte des Abschnitt 2 und Abschnitt 3 des WEG, die jeweils die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sowie die Verwaltung betreffen.
Jede Gemeinschaftsordnung ist also an die Bedürfnisse der WEG angepasst, allerdings gibt es gängige Regelungen, die sich in den meisten Ordnungen wiederfinden:
- Stimmrecht in der Beschlussfassung von Eigentümerversammlungen (oder im Umlaufbeschlussverfahren): Gem. § 25 Abs. 2 WEG hat jeder Eigentümer eine Stimme in der Eigentümerversammlung inne. Dies ist aber nicht in jeder Konstellation interessengerecht, da sich die Stimmverteilung unabhängig davon verhält, ob einem Eigentümer ein oder mehrere Wohnungen gehören. In der Gemeinschaftsordnung kann dann geregelt werden, ob das Stimmrecht nach dem Kopfprinzip verteilt oder etwa nach der Größe der Miteigentumsanteile im prozentualen Verhältnis abgestimmt wird.
- Haltung von Tieren: In der Gemeinschaftsordnung kann sich aber auch darüber geeinigt werden, ob das grundsätzliche Halten von Tieren bzw. bestimmten Tierarten ausgeschlossen werden soll.
- Musik: Selbst zu musizieren oder laut zu spielen kann zu bestimmten Ruhezeiten oder am Wochenende untersagt werden.
- Gewerbliche Tätigkeit in der Wohnung: Im “Home-Office” einer freiberuflichen Tätigkeit nachzugehen kann ebenfalls verboten werden.
- Die Bestellung eines Verwaltungsbeirats: Der Verwaltungsbeirat überwacht und unterstützt den Verwalter bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben und besteht aus Eigentümern der WEG.
- Das Zustimmungserfordernis des Verwalters bei der Veräußerung von Wohnungs- und Teileigentum
- Reparaturen und Instandhaltung der Wohnanlage: Wie mit anstehenden Instandhaltungsmaßnahmen verfahren wird kann ebenfalls in der Gemeinschaftsordnung festgelegt werden. Diese kann auch die Frage regeln, wie die Reperaturen bezahlt werden.
- Die Voraussetzungen der Entziehung des Wohnungseigentums
Also “kurz” gefasst regelt die Gemeinschaftsordnung alle wichtigen Fragestellungen, die die Wohnungseigentümer untereinander betreffen.
Die Gemeinschaftsordnung ist Inhalt des Sondereigentums und fest an das Wohnungseigentum gebunden, weshalb sie auch denjenigen bindet, der durch Kauf, Erbschaft oder auf einem anderen Weg als Eigentümer hinzu kommt.
Daher sollten auch Kaufinteressenten möglichst vor dem Notartermin einen Blick auf die Ordnung werfen, um sicherzugehen, dass die Gemeinschaftsordnung mit den eigenen Vorstellungen der Wohnanlage kompatibel ist.
3. Wer erstellt eine Gemeinschaftsordnung?
Damit eine Gemeinschaftsordnung überhaupt erst entsteht, kann entweder der Grundstückseigentümer diese nebst der Teilungserklärung festlegen, oder, wenn die Teilungserklärung bereits erfolgte, die notariell beglaubigte Zustimmung aller Wohnungseigentümer einholen und so die Gemeinschaftsordnung bestimmen.
Die Eigentümer müssen einstimmig zustimmen - dies gilt auch für das nachträgliche Erstellen der Gemeinschaftsordnung. Weiter muss das Einverständnis der kreditgebenden Bank als dingliche Berechtigte eingeholt werden, wenn ein Eigentümer die Wohnung noch nicht vollständig abbezahlt hat.
Sobald die Zustimmung aller genannten Parteien vorliegt, erfolgt die Eintragung und Hinterlegung im Grundbuchamt. Wurde die Wohnanlage erst frisch gebaut, so setzt in der Regel der Bauträger die Gemeinschaftsordnung fest.
4. Wie kann eine Gemeinschaftsordnung geändert werden?
Dadurch, dass die Gemeinschaftsordnung für alle Eigentümer bindend ist, sind die Anforderung an deren Änderung entsprechend hoch. Denn es muss für jede Änderung die Zustimmung aller Wohnungseigentümer sowie eventueller Kreditgeber eingeholt werden.
Die Zustimmung muss notariell beglaubigt werden und dem Grundbuchamt mit einem entsprechenden Antrag auf Bewilligung und Eintragung vorgelegt werden. Jeder geänderte Beschluss muss klar formuliert sein. Unbestimmte Beschlüsse sind nichtig.
5. Worin unterscheidet sich die Teilungserklärung von der Gemeinschaftsordnung?
Die Teilungserklärung ist gesetzlich in § 8 WEG bestimmt und enthält die Erklärung des Grundstückseigentümers, das Grundstück auf mehrere Anteile aufteilen zu wollen. Sie wird also immer in solchen Fällen gebraucht, in denen ein Mehrfamilienhaus in mehrere Etagenwohnungen geteilt wird.
Die Teilungserklärung enthält daher eine detaillierte Beschreibung der einzelnen Wohnungen sowie Pläne über das gesamte Gebäude. Wichtig ist, dass durch die Teilungserklärung die klare Zuordnung der einzelnen Räume an die Wohnungseigentümer hervorgeht.
Wie bereits festgestellt, beinhaltet die Teilungserklärung die Gemeinschaftsordnung, sofern diese besteht. Die Gemeinschaftsordnung ist jedoch im Unterschied nicht rechtlich zwingend erforderlich, nicht explizit im WEG geregelt und eher als Parteivereinbarung für das Innenverhältnis der Wohnungseigentümer untereinander zu verstehen.
Die Gemeinschaftsordnung begründet kein Wohneigentum, die Teilungserklärung schon. Ohne das Bestehen einer Teilungserklärung kann im Umkehrschluss keine Gemeinschaftsordnung vereinbart werden, da es nichts gäbe, was letztere regeln könnte.
6. Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Gemeinschaftsordnung
Ist eine Gemeinschaftsordnung Pflicht?
Kurz gesagt: Nein. Das Erstellen oder Bestehen einer Gemeinschaftsordnung ist für die rechtswirksame Begründung einer Wohnungseigentümergemeinschaft keine Pflicht und rechtlich nicht zwingend erforderlich.
Bei WEGs aus den 1960er bis 1970er Jahren fehlt sie sogar regelmäßig. Anstelle der Parteivereinbarung, hier also der Gemeinschaftsordnung, treten in einem solchen Fall die gesetzlichen Bestimmungen des WEG und des BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).
Welche Aufbewahrungsfrist muss bei der Gemeinschaftsordnung beachtet werden?
Die Gemeinschaftsordnung gehört zu den wichtigsten Verwaltungsunterlagen einer WEG, für deren Aufbewahrung strenge Regeln gelten. Sie gehören zum Gemeinschaftsvermögen, dessen Inhaberin nach § 9a Abs.3 WEG die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist - nicht der Verwalter oder einzelne Wohnungseigentümer.
Der Verwalter ist allerdings als ausführendes Organ der WEG mit der Aufbewahrung der Gemeinschaftsordnung sowie aller Verwaltungsunterlagen betraut. Nach seiner Amtszeit wird die Gemeinschaftsordnung an seinen Nachfolger über- oder an die Wohnungseigentümergemeinschaft zurückgegeben.
Die Gemeinschaftsordnung wird für die ordnungsgemäße Verwaltung der WEG auf Dauer benötigt und daher als vitale Verwaltungsunterlage kategorisiert, deren Original nicht vernichtet werden darf. Die Digitalisierung und Archivierung sind hingegen uneingeschränkt möglich, sofern das Original hierdurch nicht untergeht.
Was ist eine Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung?
Im Grundsatz gilt: Was einmal vereinbart wurde, kann auch nur durch einer Vereinbarung geändert werden. Eine Möglichkeit, hiervon abzuweichen und als Wohnungseigentümer so mehr Flexibilität und einen unkomplizierten Weg bei der Willensbildung zu finden, bietet die Öffnungsklausel.
Diese regelt, dass eine Vereinbarung nicht nur allein auf Grundlage einer anderen Vereinbarung geändert werden kann, sondern hierzu ein einfacher Mehrheitsbeschluss ausreichend ist.
Auf diesem Wege können auch solche Punkte beschlossen werden, die erst im Nachhinein hinzukommen. Diese können grundsätzlich auch von den gesetzlichen Regelungen abweichen.
Wenn beim Erstellen der ursprünglichen Gemeinschaftsordnung auf eine Öffnungsklausel verzichtet wurde, die Eigentümer nachträglich aber dennoch eine solche Klausel für sinnvoll erachten, kann sie durch eine Vereinbarung später hinzugefügt werden.
Für die Vereinbarung gelten die Maßstäbe des § 10 Abs. 1 und 2 WEG: Sie kann nur mit Zustimmung aller Eigentümer und durch Eintragung im Grundbuch erfolgen. Ist die Vereinbarung, durch die eine Öffnungsklausel in die Gemeinschaftsordnung aufgenommen werden soll, nicht im Grundbuch eingetragen, dann wirkt sie zwar unter den Wohnungseigentümern, wird aber einem neu hinzukommenden Eigentümer gegenüber unwirksam.
Weitere Voraussetzungen an die Öffnungsklausel ist deren hinreichende Bestimmung. Erwirbt jemand sein Eigentum durch ein Rechtsgeschäft oder eine Zwangsversteigerung, wird er also zum Sondernachfolger, so sind die per Beschluss getroffene Vereinbarungen auch ihm gegenüber wirksam.
Die rechtliche Grundlage hierfür findet sich in § 10 Abs. 4 WEG und ist dadurch möglich, dass der Erwerber zunächst in der Gemeinschaftsordnung einsehen kann, ob eine Öffnungsklausel besteht und anschließend anhand der Beschlusssammlung konkret das Bestehen der entsprechenden Regelung überprüfen kann.
7. FAZIT: Gemeinschaftsordnung in der WEG
Obwohl das Erstellen einer Gemeinschaftsordnung nicht rechtlich verpflichtend ist, sollten sich Wohnungseigentümergemeinschaften dennoch hiermit auseinandersetzen. Denn die WEG hat so die Möglichkeit, eigene Bestimmungen aufzustellen und die Art und Weise des Zusammenlebens nach ihren Vorstellungen für alle Eigentümer bindend zu konkretisieren.
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